Realdaten von der Jeantex Bike Transalp 2009

Exklusiver Einblick in das schwerste Etappenrennen für Mountainbiker: Was muss man treten, um bei der Bike Transalp weit vorne mitzufahren? Die SRM-Daten des Master-Rennfahrers Günter Sandmann geben die Antwort.

Leistungsmessung ist im Straßenrennsport verbreitet. Viele Spitzenfahrer trainieren mit Powermetern und auch unter engagierten Hobby-Sportlern verbreiten sich die Geräte immer mehr, mit denen man aufs Watt genau ermitteln kann wie hart man in die Pedale tritt. Viele 2PEAK-Athleten vertrauen auf die präzise Auswertung der Powerdaten zur Trainingssteuerung. Im Gelände sind bislang jedoch nur wenige Sportler mit Messtechnik am Rad unterwegs, entsprechend rar sind die Daten aus Rennen und Einblicke in die Leistungsstruktur. Was unterscheidet Marathons auf der Straße und im Gelände im Bezug auf die Leistung? Wie hart werden die Anstiege gefahren? Die Daten von Günter Sandmann geben einen erhellenden Einblick in die Dunkelzone Mountainbikemarathon.

2. Etappe 2009


2. Etappe JBT 09

Aufgrund des schlechten Wetters fiel die erste Etappe aus und auch die zweite Etappe wurde gekürzt, weil auf dem Geiseljoch noch Schnee lag. Die Daten wurden mit einem SRM System aufgezeichnet.

Ambitioniert und stark starteten Günter und Reinhard vom Team Black Forest Ultra1 in die zweite Etappe, die aus zwei Anstiegen bestand (graue Linie: Höhenprofil, grün: Leistung, blau: Trittfrequenz, rot: Herzfrequenz ). Schon am ersten Anstieg, markiert durch ein Intervall, wurde ordentlich Tempo gefahren. Die Durschnittsleistung von 279 W über 35 Minuten wurde während der verbleibenden Etappen nicht mehr erreicht. Den zweiten Anstieg ging das Duo etwas ruhiger an und finishte in ausgezeichneten 2:45 Stunden auf dem 11. Platz der Masterswertung. Der Energieumsatz lag durch die verkürzte Strecke bei vergleichsweise moderaten 2245 kJ.

Analyse 2. Etappe JBT 09

Die Analyseansicht der SRM Software zeigt die Häufigkeitsverteilung der Messdaten. Durch die langen Bergauffahrten gibt es ausgeprägte Peaks bei der Geschwindigkeit – bei knapp über 10 km/h. Auch die Powerkurve ist recht spitz, die häufigste Leistung lag bei 270 W, die häufigste Trittfrequenz bei recht flüssigen 80 U/min - schnell für einen Mountainbiker. Hier sieht man, dass Günter systematisch das Klettern mit passenden Gängen geübt hatte.

Wenn man weiter ins Detail geht ist erkennbar, dass nicht nur der Durchschnitt sondern auch die Varianz der Leistung während des ersten Anstiegs deutlich größer war als während des zweiten Anstiegs. Dies zeigt die schnell einsetzende Ermüdung bei diesen hohen Dauerbelastungen. Auch die Trittfrequenz fällt mit zunehmender Ermüdung etwas ab.

2. Etappe JBT 09

Die 2PEAK Analyse der Fahrt zeigt schön, dass bei dieser Etappe ordentlich Druck gemacht wurde: soviel orange für Intervalle im Entwicklungsbereich findet sich später nicht mehr.

3. Etappe 2009


3. Etappe JBT 09

Schon am zweiten Tag wurde das Team auf die Probe gestellt, als sich herausstellte, dass Günter der klar trittstärkere Fahrer des Schwarzwaldteams war. Dieses Ungleichgewicht ist jedoch der Normalfall bei der Transalp. Zwei genau gleich starke Fahrer sind die rare Ausnahme. Alle anderen müssen sich zusammenraufen und versuchen sich gegenseitig so gut wie möglich zu unterstützen, um das Team nach vorne zu bringen.

Den ersten Teil des langen Anstiegs zum Pfitscherjoch knallten Günter und sein Partner noch mit flotten 258 W Durchschnitt rauf, mussten dann aber auf dem Pfad zum Gipfel mehrfach schieben – erkennbar dort, wo die Powerkurve am Boden klebt. Anstrengend ist aber natürlich auch das Schieben, jedoch weniger belastend fürs Herz als das Fahren mit hohem Tempo, wie die Herzfrequenzkurve verrät, die in dieser Phase etwas nachgab.

In der langgestreckten Abfahrt mit einigen kleineren Gegenanstiegen bolzte Günter Tempo und bot seinem Partner Windschatten. Der Windschatteneffekt, der beim Biken wie beim Rennradfahren stark geschwindigkeitsabhängig ist, ist mit einem Powermeter deutlich erkennbar. Am Ende erkämpften sich die Schwarzwälder einen 12. Platz in der Tageswertung.

4. Etappe 2009


4. Etappe JBT 09

Die Königsetappe: Vier Anstiege und über 3600 Höhenmeter sind eine klare Ansage. Im Powerschrieb wird daher heute der höchste Energieumsatz verzeichnet. 3800 kJ und fünfeinhalb Stunden Fahrzeit sind ein dickes Brett. Dennoch fuhren Günter und Reinhard den ersten Berg ohne Rücksicht auf Verluste und erzielten mit über 270 W Durchschnittsleistung über 1:15 Stunden die höchste Dauerleistung über diese lange Zeit im Rahmen dieser Transalp. Danach mussten sie das Tempo aber deutlich drosseln und Günter fuhr fortan überwiegend im Grundlagenbereich die Etappe zu Ende. Für Dauerbelastungen ist ein GA2-Leistungsniveau die typische Belastungsgrenze. Nur sehr gute Sportler können sich Tag für Tag bis in den Entwicklungsbereich belasten und das längere Zeit durchziehen. Normalerweise bezahlt man dafür jedoch am nächsten Tag mit schweren Beinen. Der Spitzenbereich spielt bei Marathonveranstaltungen so gut wie keine Rolle.

5. Etappe 2009


5. Etappe JBT 09

Die fünfte Etappe hat einen hohen Geländeanteil und kommt trotz des übersichtlichen Verlaufs mit nur einem sehr langen Anstieg auf satte 3.200 Höhenmeter. In den langen Anstieg stiegen Günter und Reinhard mit rund 250 W ein, konnten dieses Tempo dann aber nicht über die brutalen 1700 Höhenmeter durchziehen, erkennbar an der abfallenden Powerkurve. Reinhard ereilte zudem das Sturzpech. Am Ende fuhren die beiden mit relativ moderater Durschnittsleistung auf einen 15. Rang in ihrer Wertung - Hinweis darauf, dass die anderen Teams entweder ähnlich erschöpft waren oder das Streckenprofil, das wieder eine Menge kleiner Gegenanstieg aufwies, eine hohe Dauerleistung erschwerte. Günters Durschnittspuls fällt auf 152 und liegt damit klar unter dem der ersten Tage.

6. Etappe 2009


6. Etappe JBT 09

Die beiden harten Vortage mit Energieumsätzen jeweils jenseits der 3.000 kJ fordern ihren Tribut. Beim dritten harten Tag in Folge sackt der Durchschnitt auf 165 W. Trotzdem platzierten sich Günter und Reinhard im Ziel besser als am Vortag und beendeten die Etappe als 14.

7. Etappe 2009


7. Etappe JBT 09

Berge und kein Ende in Sicht: Den 1.400 Höhenmeter langen Anstieg von Kaltern auf das Grauner Joch ging Günter noch mal sportlich an: 1:45 h reine Bergfahrt mit einem Schnitt von 230 W sind nach den Anstrengungen der Vortage keine Kleinigkeit, auch wenn es formal „nur" höherer Grundlagenbereich für ihn war. Im weiteren Verlauf der Etappe spielte Windschattenfahren auf Asphalt eine wichtige Rolle, bevor der bis zu 25% steile Schlussanstieg nach Andolo die Reserven angriff und die Trittfrequenz in den Keller trieb.

8. Etappe 2009


8. Etappe JBT 09

Der Gardasee war bereits zu riechen, das Klassement gemacht - entsprechend ließen es Günter und sein Kollege etwas langsamer angehen. Die schwere letzte Abfahrt drückte dabei den Schnitt der Leistung zusätzlich. Dass die Oberschenkel dabei auch hoch belastet werden, wird vom Powermeter nicht erfasst, denn statische Arbeit wird nicht als Leistung erfasst.

Zusammenfassung


Günter und Reinhard beendeten die Transalp am Ende als 14. der Masterswertung mit einem Rückstand von 5:48 Stunden auf die Sieger in ihrer Kategorie. Die Leistungsdaten zeigen, dass die langen Anstiege, die das Streckenprofil der Bike Transalp dominieren, mit hoher und konstanter Leistung erklettert werden müssen, wenn man sich in Richtung Top Ten der Kategorie platzieren möchte. Das Training muss daher darauf abzielen, die Tempofestigkeit für lange Anstiege zu optimieren. Nicht die Spitzenleistung zählt sondern das Dauerleistungsniveau. Nur in technischen Passagen sind vereinzelte Power-Peaks erforderlich, um durchfahren zu können.

Die Zeitabstände zu den Spitzenteams erlauben eine grobe Kalkulation des Niveaus an der Spitze. Danach klettern die besten Master-Rennfahrer etwa mit Leistungen um die 320 W, die besten Herren mit Leistung im Bereich von 350 Watt.

Energieumsatz im Gelände höher als auf der Straße

Ist die Bike-Transalp als gut besetztes Bike-Rennen härter als vergleichbare Straßenmarathons wie die TOUR-Transalp? Die Daten zeigen, dass die notwendigen Tretleistungen, um eine vergleichbare Platzierung zu erringen, im Gelände eher etwas geringer sind als auf der Straße. Dafür sind auf der Straße die Abfahrten um einiges entspannter und überhaupt wird der ganze Körper auf der Straße weniger strapaziert als im Gelände. Daher ist es logisch, das die reine Tretpower auf der Straße bei gleicher Fitness etwas höher sein kann. Günter verzeichnete mit einem Pulsmesser im Training bis zu 25% höhere Energieumsätze als mit dem Powermeter. Das ist nicht unrealistisch, da die ganze Haltearbeit - zum Beispiel Stehen im Pedal in der Abfahrt - vom Powermeter nicht erfasst wird aber natürlich auch Energie kostet. Hinzu kommen Schiebepassagen, die vom Powermeter nicht als Leistung erfasst werden.

Die Abfahrten im Gelände sind aber nicht nur anstrengender, sondern auch lohnender: mit guter Fahrtechnik kann man bergab viel mehr Zeit herausholen als auf der Straße. Im abschließenden Trail zum Gardasee waren 20 Minuten Differenz in einer einzigen Abfahrt machbar. Die Anforderungen an den Mountainbikerennfahrer sind daher etwas umfassender als an den Straßen-Marathonfahrer. Trotz nahezu identischer durchschnittlicher Tretleistungen ist die Geländefahrt deutlich Kraft- und Energieraubender, da der Körper insgesamt mehr gefordert wird.

Etappen in der Übersicht

Summary JBT 09

Die Tabelle zeigt die durchschnittlichen Leistungsdaten während der Woche Transalp (die erste Etappe fiel wegen schlechten Wetters aus). Die Höchstwerte sind farblich markiert. Der Effektivwert der Leistung P_eff (Normalized Power) verrät besser als der Durchschnittswert, wie hoch die tatsächliche Beanspruchung der Rennfahrer ist. Der Effektivwert bewertet bei der Bildung des Mittelwerts Leistungsspitzen höher als niedrige Leistungen. Für die relative Kletterleistung ist das Systemgewicht entscheidend. Dieses setzte sich bei Günter wie folgt zusammen:

Summary JBT 09

Dividiert man die Leistung durch das Systemgewicht erhält man das System-Leistungsgewicht (im Gegensatz zum Körper-Leistungsgewicht, das 2PEAK normalerweise verwendet). Das entscheidet darüber, wie schnell man mit der jeweiligen Ausrüstung bergauf fahren kann. Wenig überraschend werden auf der verkürzten zweiten Etappe die höchsten Leistungen erzielt. Die Härte der Etappen lässt sich recht gut am Energieumsatz ablesen, der hier aber nur die reine Tretleistung darstellt (der wahre Energieumsatz ist ca. 25% höher). Heraus sticht die Königsetappe (Etappe 4). Typisch für ein Etappenrennen sind der deutliche Sprung in der Herzfrequenz vom ersten zum zweiten Tag, sowie die insgesamt fallende Tendenz der Herzfrequenz (Ermüdung und/oder Ökonomisierung).

Günter, der die Bike Transalp schon mehrfach bestritt, fand das Powermeter eine gute Hilfe im Rennen, um das Tempo an langen Anstiegen richtig zu treffen: "Ich möchte in Zukunft nicht mehr darauf verzichten, weder im Training noch im Rennen", fasst der Power-Pionier auf Stollen seine Erfahrungen zusammen.





Radsport Trainingsplan | Triathlon Trainingsplan | Laufsport Trainingsplan | Langlauf Trainingsplan | Mountainbike Trainingsplan