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Training mit 50+ und bis ins hohe Alter

Wer Ausdauersport treibt bleibt bis ins hohe Alter ungewöhnlich leistungsfähig und trotzt vielen Zivilisationskrankheiten. Über das Training im fortgeschrittenen Alter – was es bewirkt, wie es funktioniert und wo seine Grenzen sind.

Wer einmal aus der Nähe gesehen hat, was die Grandmaster-Rennfahrer (als Paar über hundert Jahre alt) bei der TOUR-Transalp leisten, kann nur staunen. Die graumelierten Herren sind nach wie vor sauschnell und ausdauernd und hängen das Gros der viel jüngeren Teilnehmer um Längen ab. Senioren stellt man sich irgendwie anders vor.

Vielleicht schon eher wie die 70 oder 80jährigen, die bei der Masters-WM in St. Johann starten. Denen sieht man das Alter schon ein bisschen an. Aber selbst in diesem Alter sind zwar die Falten tiefer, aber ein Zwanzigjähriger ohne besonderes Training oder herausragendes Talent hätte es schwer gegen einen 70jährigen Champion, genau genommen hätte er keine Chance. Die alten Herren treten noch einen 43er Schnitt im Zeitfahren. Welcher junge Sportler kann das schon?

Radfahren scheint also jung zu halten. Oder sind das alles nur Super-Ausnahmetalente, die sich über die Jahre gerettet haben? Wir haben uns zur Spurensuche in Archive gestürzt, mit Sportlern und Medizinern gesprochen und Datenbanken durchforstet.

Die positiven Effekte

Mastersportler in den Ausdauerdisziplinen werden von der Wissenschaft geradezu als Modell vorbildlichen Alterns betrachtet. Vor dem Hintergrund einer insgesamt alternden Bevölkerung zeigen die Sportler, welchen Unterschied ein aktiver Lebensstil macht und gelten in jeder Beziehung als vorbildlich. Statt wie ihre Altersgenossen regelmäßig zum Arzt zu gehen um sich wegen der typischen Zivilisationskrankheiten behandeln zu lassen – Zucker, Bluthochdruck und Herz-Kreislauferkrankungen – gehen die aktiven Senioren aufs Rad und bleiben so in Schuss.

Unter den Usern von 2PEAK finden sich Siebzigjährige mit über 20.000 Jahreskilometer, wie Rudolf S.* (*Name geändert). Der Seniorensportler sagt über sich: „Meine Motivation ist besser denn je, ich bin topfit und austrainiert, wiege 70 kg bei 1,83 m und fühle mich gut.» Beweisen muss er sich aber niemandem mehr, wie er betont: „Ich bin alle großen Marathons gefahren. Heute fahre ich immer noch anspruchsvolle Touren mit vielen Höhenmetern. Aber heute genieße ich mehr. Ich fahre auch mit meinem Enkel, der ist elf, genauso wie mit meinem Freund Hans, der 80 ist. Am Berg kommt Hans nach vorne und wir fahren mit ihm ganz vernünftig hinauf und freuen uns, einen 80jährigen dabei zu haben.»

Ausdauersport gilt als gute Präventionsmaßnahme für die meisten Zivilisationskrankheiten und soll sogar zur Krebsprävention dienen. Der Internist und Sportmediziner Dr. Karlheinz Zeilberger aus München sagt: „Das Risiko für gut trainierte Radsportler eine Herzerkrankung zu bekommen ist gegenüber Untrainierten um 40-50% vermindert.» Verhindern kann der Sport Krankheiten aber nicht, da es Risikofaktoren gibt, auf die der Sport keinen Einfluss hat. Man kann also sehr wohl auch als Radsportler Herz- oder Gefäßerkrankungen bekommen, aber die Wahrscheinlichkeit ist geringer und die Lebensqualität als aktiver Sportler höher, zumal der Sport ja auch eine soziale Komponente hat und über Generationen hinweg verbindet (Vereinsausfahrten, Treffen mit Gleichgesinnten).

Die Grenzen der Leistung im Alter

Welche maximalen Leistungen sind im Alter noch möglich? Welche Effekte sind altersbedingt, welche hängen vom Training ab? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, nahmen Forscher eine besonders ambitionierte Zielgruppe unter die Lupe, die der Altersweltrekordler.

Hierbei, so die Annahme, müsste sich am deutlichsten zeigen, welche Effekte tatsächlich altersbedingt sind. Die 2008 veröffentlichte Studie (Proc. R. Soc. Biological Sciences 276, S. 683) untersucht die Altersweltrekorde im Laufen bis 2007. Laufleistungen lassen sich einfacher analysieren als Radfahrleistungen, weil die Zeiten leichter in die aussagefähigeren Leistungen umgerechnet werden können.

Die grundsätzlichen Aussagen sind jedoch aufs Radfahren übertragbar. Folgendes Bild zeichnet die Studie von den Altersweltrekordlern zwischen 40 und 90 Jahren: Die maximale Leistungsfähigkeit lässt zwischen 40 und 70 Jahren um 30 Prozent nach – synchron sowohl für aerobe (lange Strecken) als auch für anaerobe Belastungen (Sprint). Dies deckt sich auch mit unserer Analyse der Zeitfahrleistungen der Radsenioren in St. Johann. Der Abfall ist weitgehend linear, das heißt gleichmäßig.

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Der Graph zeigt die Zeitfahrleistungen in St. Johann als Funktion des Alters

Oberhalb von 70 Jahren beschleunigt sich der Prozess der Leistungsminderung. Die Forscher fanden dabei auch eine gleich bleibende Balance der langsamen Typ I und der schnellen Typ II Muskelfasern, bei jedoch etwas reduzierter Muskelmasse.

Das Ergebnis ist etwas überraschend, weil viele Sportler das Gefühl haben, zunächst an Schnelligkeit zu verlieren, so wie der 54jährige Seriensieger der TOUR Transalp, Max Pritzl, der schon fünfmal die Gesamtwertung der Grandmasters gewinnen konnte: „Sportlich Rad fahre ich jetzt seit rund 20 Jahren nachdem ich mir zuvor beim Laufen die Knie ruiniert hatte. Ich spüre noch keine deutlichen Leistungseinbußen – außer vielleicht bei der Schnelligkeit. Ich schätze meine Ausdauer war vor zwei bis drei Jahren auf dem höchsten Stand aber bei mir sind es vor allem zeitliche Einschränkungen durch den Beruf, die mich daran hindern, noch mehr zu trainieren.» In guten Jahren spult Pritzl etwa 20.000 Kilometer ab.

Tatsächlich ist es am Ende aber die Ausdauer, die etwas mehr leidet, sagen die Forscher. Jenseits der 80 überwiegen die Vorteile für Sprinter. Der Weltrekord der 90jährigen über 100 Meter liegt bei erstaunlichen 17,83 s.

Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass bei Leistungen unterhalb des absoluten Weltklasseniveaus eine stärkere Plateaubildung möglich ist. So zeigt eine Untersuchung von über 5.500 auf 2PEAK hinterlegten Leistungstests einen langsameren Abfall der Leistung mit dem Alter. Langzeitstudien an Mastersportlern zeigen dabei den Einfluss des Trainings (Journal of Applied Physiology, Vol 62, Nr. 2, S. 725): Durch hochintensives Training konnten Altersklasseläufer über zehn Jahre ihr VO2max-Niveau nahezu konstant halten, wohingegen die Vergleichsgruppe, die leichter trainierte, einen deutlichen Abfall verzeichnete.

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Die Analyse von mehr als 5.500 Leistungstests auf 2PEAK zeigt, dass die Leistung bis zum Alter von 60 Jahren kaum abfällt – erkennbar an den gleich langen Balken der drei Altersklassen zwischen 30 und 60. Nur in der Langzeitausdauer (MP64) ist eine klare Differenzierung nach Alter erkennbar. Die Testdauer betrug 4-64 Minuten (MP4-MP64)

Die Gründe für den Leistungsabfall sind vielfältig, aber nicht alle bis ins Detail klar. Für die Ausdauerleistungen wird die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) als wesentlicher limitierender Faktor angenommen. Der Abfall der VO2max beträgt parallel zur Leistung rund 1% pro Jahr. Mit dem Alter lässt auch die maximale Herzfrequenz nach (rund 7-10 Schläge pro Dekade, wobei es auch hier Ausnahmen gibt), das Schlagvolumen des Herzens verringert sich um ca. 10 % und auch die Sauerstoff-Sättigungsdifferenz zwischen arteriellem und venösen Blut nimmt etwas ab. Unterm Strich kann also weniger Sauerstoff zur Muskulatur transportiert werden, was die Leistung mindert.

Training im Alter

Was müssen Alterssportler im Training unter obigen Vorzeichen anders machen als Youngster? „Prinzipiell nichts, solange sie sich an die Regeln der Trainingslehre halten», findet Professor Norbert Bachl, Direktor des Österreichischen Instituts für Sportmedizin, das Athleten aller Level betreut. „Wer keine Begleiterkrankungen und Risikofaktoren hat, kann sich auch jenseits der 60 voll belasten und Leistungssport betreiben», präzisiert der Mediziner. Bachl erklärt, „dass Leistungszuwachs nur durch höhere Trainingsintensitäten zu erzielen ist, für diese aber die Grundlagen gelegt sein müssen.» Professor Bachl rät, sich einmal im Jahr gründlich sportmedizinisch untersuchen zu lassen, um Risiken auszuschließen. Dazu gehört ein Belastungs-EKG, die Untersuchung des Belastungsblutdrucks sowie eine Blutuntersuchung. Auch ein Herz-Ultraschall findet Bachl empfehlenswert. Als Hauptproblem sieht er bei Alterssportlern einen übersteigerten Ehrgeiz und rät dazu sich sehr sorgfältig aufzuwärmen und genügend Flüssigkeit zuzuführen.

Der Münchener Internist und Sportmediziner Dr. Karl-Heinz Zeilberger, der seit 20 Jahren Leistungssportler betreut, nähert sich dem Thema etwas vorsichtiger. Er empfiehlt den Sport-Senioren „den Anteil des Trainings im roten Bereich im Alter zu reduzieren». Mit dem roten Bereich sind Belastung oberhalb der anaeroben Schwelle gemeint, insbesondere hochintensive Belastungen im Minutenbereich, wie sie typischerweise auftreten, wenn man mit Vollgas einen kurzen Berg hochfährt. Weniger problematisch sind kurze Sprints, da diese eher die Muskulatur als das Herz-Kreislaufsystem belasten. Im anaeroben Belastungsbereich, so Zeilberger, „werden Stresshormone ausgeschüttet, die die Gefahr von Herzrhythmusstörungen erhöhen. Außerdem ziehen anaerobe Belastungen im Alter deutlich längere Regenerationszeiten nach sich.» Der Körper braucht also länger, um sich von der Belastung zu erholen. Andererseits spricht Zeilberger erfahrenen Seniorensportlern ein gutes Belastungsgefühl zu: „Die wissen sehr genau, wo ihre Grenzen sind und können dadurch auch jüngere Sportler vorführen.»

Ausgangspunkt der Intensitätssteuerung sollte daher eine Diagnostik sein, die die Intensitätsbereiche festlegt und gesundheitliche Risiken ausschließt. Der resultierende Trainingsplan sollte die längeren Regenerationszeiten von Seniorensportlern berücksichtigen, wobei hier die Trainingshistorie eine große Rolle spielt. 2PEAK berücksichtigt das Trainingsalter bei der Erstellung von Trainingsplänen.

Wer sich schon lange nicht mehr voll belastet hat, sollte dies besser in der Praxis eines Sportmediziners als in freier Wildbahn tun, „schon allein um Gewissheit zu haben, ohne Sorge am nächsten Berg mal richtig Gas geben zu können» , findet Dr. Zeilberger. Wichtig hierbei ist, sich unter Aufsicht tatsächlich voll auszubelasten, denn manchmal treten Probleme erst bei Grenzbelastungen auf.

Wer reinen Gesundheitssport betreiben möchte, kann auf den roten Bereich ganz verzichten – gleich ob alt oder jung. Allerdings sind auch die positiven Effekte bei zu niedriger Trainingsintensität geringer. Sowohl die Leistung als auch die Gesundheit profitieren davon, sich bis zu 80% der VO2max zu belasten, so das Ergebnis einer weiteren Studie im Journal of Applied Pysiology (2005, S. 1619). Mit der höheren Trainingsintensität wird die Trainingszeit effizienter genutzt. Natürlich muss man dabei Maß halten, also nicht bei jeder Ausfahrt knüppeln was das Zeug hält. Die Belastungen müssen auf die Gesamtsituation abgestimmt werden.

Späteinsteiger

Ausdauersport ist keine Geheimwissenschaft. Man kann auch mit 50 oder 60 mit diesem Sport beginnen. Der Körper ist auch im Alter noch gut trainierbar, wobei der Vorsprung, den sich kontinuierlich trainierende Ausdauersportler erarbeitet haben, uneinholbar ist. Aber das ist ein Relativitätsproblem. Der persönliche Nutzen ist in jedem Fall gegeben und eine „Verjüngung» um 20 Jahre ist, was die Leistung angeht, möglich. Aus medizinischer Sicht gibt es keine Altersgrenze für Ausdauersport.

Wenn man spät mit dem Sport beginnt sollte man sich nach Trainingspartner ähnlichen Niveaus umschauen. Senioren, die mit Youngstern fahren oder laufen, haben schnell das gleiche Problem wie Frauen bei Gruppenatrainings – sie müssen sich oft zu sehr verausgaben, um mit der Gruppe mitzukommen. Besser ist es deshalb, zunächst mit gleichstarken Sportlern ein Grundniveau zu erarbeiten und ein Körpergefühl für die Belastung zu entwickeln. Darauf lässt sich dann weiter aufbauen.

Man muss dabei akzeptieren, dass man als 65jähriger nicht mit einem gut trainierten 20jährigen mithalten kann. Mission impossible. William Palmer, 66, pensionierter Pilot und mit Unterbrechungen seit 53 Jahren dem Radsport verbunden, findet das nicht schlimm: „Wenn ich in der Gruppe fahren und das Tempo plötzlich angezogen wird, muss ich schnell entscheiden, wo ich fahre, denn gegen die jungen Cracks habe ich keine Chance. Ich messe mich dafür mit gleichaltrigen und betreibe den Radsport sogar seriöser als in jungen Jahren – bewusster, mit mehr Plan. Jede Saison entdecke ich neue Reize, denen ich im Ruhestand gut nachgehen kann.»

Zum bewussten Training sollten auch Ausgleichsübungen gehören wie Kräftigungsübungen für den Rumpf sowie Übungen, die die Beweglichkeit verbessern. Radfahren ist zwar sehr gesund, aber auch ziemlich einseitig. Gerade Senioren sollten daher die Tipps beherzigen, die im Prinzip aber auch für die jüngeren Sportler gelten.

Ausblick

Die Uhr lässt sich nicht zurückstellen. Auch nicht durch Ausdauersport. Aber man kann ein phantastisches Fitnessniveau auch im Alter erreichen und lange stabilisieren und so an Lebensqualität gewinnen. Ein trainierter Ausdauersportler von 60 oder 70 Jahren relativiert den Begriff alt sehr. Die Schere zwischen fit und nicht fit öffnet sich im Alter immens.
Mediziner, so viel ist klar, würden ihren Patienten am liebsten ein Rennrad verschreiben. Für die Volksgesundheit wäre das ein Riesenschritt nach vorne. Nur auf den Straßen könnte es dann etwas voll werden.

Trainingstipps für Senioren
  • Anaerobe Trainings reduzieren (sehr harte Belastungen im Bereich weniger Minuten).
  • 2 Ruhetage pro Woche planen.
  • für optimale Fitness und Gesundheit Körper maßvoll bis an die anaerobe Schwelle belasten.
  • Ausgleichssport treiben, Krafttraining für den Rumpf.

Blog-Artikel: Die Auswirkung des Alters auf die Wettkampfleistung

 

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